Umdenken in der Modeindustrie

Ein Interview mit der Designerin Pauline Marie Treis
In Zeiten von Konsumüberfluss und Fast Fashion wird der Fokus aufs Essenzielle immer wichtiger. Die Modedesignerin Pauline Marie Treis hat diese Entwicklung erkannt. Sie produziert mit ihrem Label Jungle Folk – Conscious Clothing zeitlose Stücke aus hochwertigen Materialien für Frauen und möchte mit Social Media zu mehr Inspiration untereinander anregen.
ESSENCE RELATIONS: Warum ist Mode für dich essenziell und wie hilft sie, den eigenen Typ zu unterstreichen?
Pauline Marie Treis: Kleidung ist wie eine zweite Haut. Kleidung ist für mich eine Möglichkeit – eine Möglichkeit, mich wie mich selbst zu fühlen oder auch die Möglichkeit, in bestimmte Rollen zu schlüpfen. Ich finde das Spiel damit faszinierend und unterstütze es, wenn Leute reflektieren, was sie durch ihre Kleidung ausdrücken wollen.
Ich suche und mache Kleidung, in die ich hineinschlüpfen kann, mich wohlfühle und mir dann keine weitergehenden Gedanken dazu machen muss. Kleidung, die mir Sicherheit gibt, egal was der Tag bringt.
Oft hört man, dass wir uns immer mehr angleichen und kaum mehr Individualität gelebt wird. Stichwort Social Media. Konformität. Gefallen wollen. Wie stehst du dazu und was tust du dagegen?
Ich denke, «Uniformen» hat es schon immer gegeben. Je nach Materialien, Schnitten und Farben schreibe ich mich jeweils unterschiedlichen «Peer Groups» zu. Früher war dies vor allem sozial bedingt, heute ist man da freier.
Die Folge von Digitalisierung und Social Media ist, dass solche «Peer Groups» internationaler werden und nicht mehr kulturell bedingt sind. So können Jugendliche in Hong Kong, Buenos Aires, New York oder Bern durch Kleidung alle dieselbe Identität erleben. Digitalisierung und eine offene Welt bieten aber auch viel mehr Möglichkeiten zur Auswahl, sich inspirieren zu lassen und offen zu sein. Sicherlich fehlt vielen Leuten das Selbstverständnis und das Vertrauen, sich selber einzukleiden und den eigenen Stil zu suchen. Mit meiner Marke Jungle Folk – Conscious Clothing mache ich Kleider für Frauen, die wissen, was sie wollen und sich wohlfühlen in ihrer Haut. In meinen eigenen Social Media-Kanälen versuche ich, dieses Verständnis zu fördern und Frauen zu inspirieren, sich mit sich selbst und ihren Werten auseinanderzusetzen: Kauf nur, was du wirklich brauchst, was dich wirklich glücklicher macht.
Was sind die Trends im Herbst und worauf müssen wir achten, wenn wir nachhaltig agieren wollen – auch in der Mode?
Ich bin nicht die Richtige, wenn es um Trends geht. Im Gegenteil: Ich versuche, nicht trenddiktierte Mode zu machen, sondern zeitlose Kleidung. Stücke, in denen man sich lange wohlfühlt: heute, diesen Herbst und auch in 2-3 Jahren. Ich denke auch, dass sich Menschen immer mehr auf Essenzielles besinnen und eher in Lieblingstücke investieren, als sich durch schnelle Kaufentscheide leiten zu lassen. So können wir unseren Modekonsum nachhaltiger gestalten. Sich bewusst für etwas zu entscheiden, gibt dem Kleidungsstück mehr Wichtigkeit und uns mehr Freude – und das langfristig.