Happy Birthday, Google – Wie Führung beim Suchmaschinengiganten funktioniert

Fragen zur Führung mit Patrick Warnking (Geschäftsführer Google Schweiz)

4. September 1998 – 20 Jahre ist es her, seit die beiden damals 25-jährigen Stanford-Informatikstudenten Larry Page und Sergey Brin in einer Garage im kalifornischen Menlo Park die heute grösste Suchmaschine „Google“ als Unternehmen registrierten. Seit 2004 ist Google auch in Zürich zu Hause – und beschäftigt mittlerweile über 2000 Mitarbeitende. Und oft gilt: Wer einmal Googler, immer Googler. Wie wird Führung bei dem Schweizer Ableger des IT-Konzerns gelebt? Was macht Leadership bei Google einzigartig? Wir sprachen mit dem Geschäftsführer von Google Schweiz, Patrick Warnking.

ESSENCE RELATIONS: OKRs (Objectives and Key Results) – was ist für Sie der grösste Unterschied zu gängigen Führungsinstrumenten und warum ist es effektiver?

Patrick Warnking: Studien zeigen, dass eine anspruchsvolle und spezifische Zielsetzung dazu beitragen kann, dass das Engagement der Mitarbeitenden bei der Zielerreichung gefördert und gesteigert wird. Google verwendet sog. “OKRs” (= Objectives and Key Results, dt. „Ziele und Schlüsselergebnisse“), um ehrgeizige Ziele zu setzen und den Fortschritt bei der Zielerreichung zu messen.

In der Praxis unterscheiden sich diese “OKRs” bei Google von anderen Zielsetzungsverfahren, da sehr ehrgeizige Ziele angestrebt werden. Auf diese Weise können es OKRs Teams ermöglichen, sich auf “grosse Wetten” (Big Bets) zu konzentrieren und insgesamt mehr zu erreichen, als dass es das Team selbst für möglich gehalten hätte, auch wenn das erklärte Ziel nicht vollständig erreicht wird. OKRs können Teams und Einzelpersonen dabei unterstützen, ihre “comfort zone” zu verlassen und Neues zu wagen, Arbeit zu priorisieren und von Erfolg und Misserfolg zu lernen.

Wie finden Sie mit Ihrem Team die richtigen „objectives“, also Ziele?

OKRs auf einen Blick – es gibt einige Wege zu effektiven OKRs:

  • Die Ziele sind ehrgeizig und können sich – da sehr ambitioniert – auch etwas “sportlich” anfühlen
  • Die Ziele für jede Person sind im Unternehmen öffentlich einsehbar.
  • Die wichtigsten Ergebnisse sind messbar und sollten mit einer Zahl leicht zu bewerten sein (Google verwendet eine Skala von 0 – 1,0).
  • OKRs sind intern öffentlich, so dass jeder in der Organisation sehen kann, woran andere arbeiten
  • Der „Sweet Spot“ für eine OKR-Zielerreichung ist 60% – 70%; wenn jemand seine Ziele konsequent erreicht, sind ihre/seine OKRs nicht ehrgeizig genug und müssen ambitionierter angesetzt werden

Eine starke Kultur ist ein wichtiges Fundament. Wir teilen und feiern Erfolge und Misserfolge. Misserfolge sind nicht negativ. Wir lernen aus Misserfolgen und teilen ein sogenanntes “post mortem” nach einem gescheiterten Projekt öffentlich im Unternehmen. Jeder kann es mit der internen Suchmaschine finden, daraus lernen und die gleichen Misserfolge bei ähnlichen Projekten in Zukunft vermeiden.

  • Tiefe Noten sollten als Datenpunkt angesehen werden, um die nächsten OKRs zu verfeinern
  • Wichtige Unterscheidung: OKRs sind nicht gleichbedeutend mit Mitarbeiterbewertungen
  • OKRs sind keine gemeinsame To-Do-Liste eines Teams

Wie nehmen Sie den Kulturwandel wahr? Sprich, wie schnell können neue Mitarbeitende mit dieser neuen Art der Messung umgehen?

In den ersten zwei Quartalen werden neue Mitarbeitende noch neutral bewertet. Sie haben einen leichten Einstieg in das Thema OKRs. Es gibt flankierende Gespräche mit Feedback in beide Richtungen und viel interne Dokumentation zu dem Thema. Wir sehen keine Schwierigkeiten für neue Mitarbeitende sich über einen Zeitraum von 2-3 Quartalen einzugewöhnen. Es gibt einen hohen Anspruch an die Vorgesetzten (engl. Beiu Google “People Manager”). Sie müssen sich regelmässig in verschiedenen Dimensionen bewerten lassen, und diese Ergebnisse sind im Unternehmen öffentlich. Dazu gehören auch ihre Fähigkeiten als Coach. Unsere Manager müssen also auch ein guter Coach zum Thema OKRs sein.

Wie werden Sie als Geschäftsführer dadurch mehr gefordert?

Manager bei uns müssen Vorbild sein, permanent Feedback einholen und sich auf mehreren Dimensionen regelmässig messen lassen. Und sie müssen in ihre eigene Entwicklung (Know How, Fähigkeiten, Leadership) permanent investieren. Lebenslanges Lernen. Für mich persönlich ist dies einer der wichtigsten Gründe bei Google zu arbeiten. Der hohe Anspruch unterstützt meine persönliche Weiterentwicklung als Manager und Coach. Und mir macht es Spass Mitarbeitenden bei ihrer persönlichen Entwicklung zu helfen. Ich investiere gerne und regelmässig Zeit in Entwicklungsgespräche und ‘Feedback Walks’. Es ist ein sehr erfüllender und dankbarer Teil meiner Rolle. Eine besondere Herausforderung ist es, in diesen dynamischen Zeiten bei den Mitarbeitenden und sich selber genug Zeit zu ermöglichen für die persönliche Weiterbildung. Aber ich bin überzeugt dass genau diese Investition die Innovation und den Geschäftserfolg der Zukunft ausmachen wird.