Wahlen = Emotionen = Kommunikation

Liebe Schweiz, es ist Zeit zu wählen.

Die Schweiz bekommt ein neues Parlament, doch so richtig interessiert hat der Wahlkampf wohl niemanden. Doch woran liegt das? Und vor allem, wie ändern wir das?

Am Wahlsonntag werden wir vor dem TV sitzen und den Satz hören «SVP gewinnt, Grüne verlieren». Ja kann uns das überraschen? Während 2019 alle vom Klimawandel geredet haben, dominieren nun Zuwanderung und Kostendruck. Die Themen verändern sich, mit ihnen unsere Aufmerksamkeit und damit auch die Wahlergebnisse.

Wir brauchen wieder mehr Lust auf Wahlen.

Vielleicht ist es gar nicht so entscheidend, ob das rechte Lager nun 1 oder 1.5 Prozentpunkte gewinnt. Vielleicht ist es auch nicht so entscheidend, ob die Grünen mit einem einstelligen oder mit einem zweistelligen Prozentanteil keinen Sitz im Bundesrat bekommen werden.

Vielleicht sollten wir uns stattdessen auf eine ganz andere Zahl fokussieren, die viel mehr über die Bedeutung der Wahlen und den Zustand der Schweizer Demokratie aussagt: Die Wahlbeteiligung.

2019 auf einem historischen Tiefstand gewesen, prognostizieren die Politologinnen und Politologen keine Besserung. Ukraine-Krise, Inflationsdruck und nun die Eskalation im Nahen Osten. Nach jüngstem SRG-Wahlbarometer wird die Bedeutung der Wahlen für unser aller Zukunft als noch geringer als vor 4 Jahren eingeschätzt. Und noch alarmierender: Die Wahlbeteiligung der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 19 Jahren betrug 2019 33%. Frauen wählten um ganze 8% weniger als Männer. Und inzwischen sind Themen, die diese Gruppen besonders mobilisiert – Umwelt- und Klimaschutz, Gendergerechtigkeit – weiter in den Hintergrund gerückt.

Die Bürger:innen müssen für Politik begeistert werden. «Mitbestimmung ist eine Bürgerpflicht» – das reicht ihnen nicht. Sie wollen abgeholt und mitgenommen werden: Auf in die Zukunft, wir können mitgestalten. Und was sind Wahlen ohne diese Emotionen? Wir brauchen alle wieder mehr Lust auf Wahlen.

«Gute politische Kommunikation macht Lust auf Mitbestimmung statt Frust auf demokratische Prozesse»

Emotionen ≠ Emotionen.

Gewisse Politikerinnen und Politiker scheinen dies jedoch falsch verstanden zu haben. Oder schliessen zumindest die falschen Schlüsse aus dieser Beobachtung. Emotionen sind nicht gleich Emotionen. Wer mit Ängsten der Bürger:innen spielt, der schafft zwar Emotionen. Wer sich am politischen Gegner abarbeitet, ohne den eigenen Wille zur Veränderung in den Mittelpunkt zu stellen, der schafft auch Emotionen. Aber die falschen.

Leider haben Soziale Medien genau diese Art der politischen Kommunikation gefördert. Klicks, Likes, Aufmerksamkeit. Die Möglichkeiten zur kurzweiligen Profilierung, und sei es auf Kosten anderer, sind riesig. Der Politologe Michael Herrmann nannte die digitalen Plattformen in der SRF Arena jüngst einen «Emotionsbeschleuniger». In der Welt des Internets, in der Aufmerksamkeit ein hohes Gut ist, brechen viel zu oft die polarisierenden Stimmen durch. Und Journalist:innen spielen das Spiel mit, selbst unter dem Druck des schnellen Klicks. Politik ist dadurch oberflächlich geworden. Es geht um Selbstinszenierung. Und die Debatte im Parlament dient dazu höchstens noch als Bühne.

Das ist schade. Und gefährlich. Denn Soziale Medien bieten so viele Chancen für eine nahbare, ehrliche Kommunikation. Einfache Sprache, ohne Verkürzungen, authentisch und nah am Bürger. Und das nicht nur im Wahlkampf, sondern dauerhaft. So macht politische Kommunikation Lust auf Mitbestimmung statt Frust auf demokratische Prozesse.

«Forza für alle Parlamentarier:innen, die konstruktiv gestalten.»

Bei der Kommunikation fängt es an.

Die Schweizer Demokratie ist stabil, ungleich stabiler jedenfalls als in anderen westlichen Ländern. Warum? Weil unser System mehr auf den Kompromiss baut. Und dafür braucht es Kompromissfähigkeit. Um diese zu bewahren, müssen wir uns überlegen, wie wir die Gesellschaft zusammenhalten. Alle. Journalist:innen, Unternehmer:innen und besonders Politiker:innen. Und das fängt bei der Kommunikation an. Weil Kommunikation immer Emotionen weckt und damit unsere Wahlen beeinflusst.

Mit Blick auf die Wahlen: Forza für Parlamentarier:innen, die wichtige Themen anpacken, ehrlich kommunizieren und damit konstruktiv gestalten.